Die
gemütliche Pinte PEGASUS
war bei uns damals sehr beliebt. Im April 1978 hatte Dave Badenhausen
in einer
gemieteten ehemaligen Scheune in dem Haus Wildunger Straße 38
am Ortseingang von Bad Wildungen-Odershausen eine Musik-Pinte mit dem
Namen PEGASUS eröffnet.
Die Innenräume waren in einer Art und Weise dekoriert, die für uns
völlig neu war und einen ganz ungewohnt freien, weltoffenen Stil
ausdückte. Dieser stark von amerikanischen Elementen geprägte "way of
life" spiegelte sich überall wider und nahm bisweilen fast schon
skurile Züge an, was Dave selbst in einem Pagasus-Flyer so beschreibt:
"THE MOST EXTRAORDINARY AND FANTASTIC SURREALISTIC ATMOSPHERE OF THE
CITY".
Was er damit ausdrücken wollte, war folgendes:
Die Tische und die Sitzbänke, die
mit weißen
langhaarigen Fellen belegt waren,
wurden durch senkrechte Fachwerkbalken
voneinander abgeteilt. Dachziegel und Matten aus
Bambusstäben lagen in einigen
Bereichen als
eine Art von Überdachung oben auf. Schaute man sich um, so
fiel der
Blick auf diverse kleine und große Poster, Goldwäschersiebe,
bekleidete
Schaufensterpuppen, große
Büffelhörner, Fahnen,
Kakteen, Palmen und andere Rank- und Kriechgewächse, grauenvolle
Monster,
Papierdrachen und Seeungeheuer, deutsche und amerikanische Verkehrs-
und Reklameschilder,
Musikinstrumente, Bierflaschen aus aller Welt, Riesenspinnen und
Kojoten, Fotos,
Aufkleber, Bierkrüge, Masken, große gemalte Bilder teils gerahmt und
teils direkt auf den
Wänden, Sonnenschirme, landwirtschftliche Gerätschaften, Mobiles mit
Flugzeugen, Vögeln und Fischen,
Nähmaschinen, schwarz-weiße Kuhfelle, Wagenräder, Postkartenständer,
Bierfassattrappen, Nummernschilder und auf mehrere Regale, in
denen stapelweise Bücher und
Spiele lagen.
Wer glaubt, ich übertreibe, der sollte noch einmal gut
nachdenken und versuchen sich zurückzuerinnern, auch wenn alles schon
mehrere Jahrzehnte her ist. - Na, klappt es? Wenn nicht, könnte dann
vielleicht ein Foto der Erinnerung auf die Sprünge helfen? Ja, wenn man
ein Foto hätte oder vielleicht besser ein
ganzes Fotoalbum, das wäre jetzt etwas! Das könnte helfen! Dann könnten
wir uns alle wieder an die ganz besondere PEGASUS-Atmosphäre erinnern!
Diese ganz besondere PEGASUS-Atmosphäre lud dazu ein,
in gemütlicher
Runde zusammenzusitzen, gute Musik wie Rock, Folk,
Blues, Folkrock, Jazzrock oder Soul zu hören und das sogar oft auch
live. Man
konnte
sich angeregt unterhalten,
intellektuelle Gespräche führen, die
verschiedensten alkoholischen und nichtalkoholischen Getränke
probieren, zwischendurch eine Kleinigkeit essen, Süßes
schnucken, Salziges und Herzhaftes knabbern, Gesellschaftsspiele und
Karten spielen,
Bücher, Zeitungen und Zeitschriften lesen und vieles mehr.
Dieses Konzept für eine "Kneipe" war damals völlig neu, erfrischend neu!
Hier sind Programmankündigungen für Oktober und November 1979 zu sehen.
Zu diesem
neuen Konzept schrieb Dave in den hellgrünen
PEGASUS-News Nr. 1 vom
April/Mai '79, einem
dünnen Heftchen, das sich die Gäste kostenlos mitnehmen
konnten:
"Als
ich mit Hilfe einiger Freunde im
April letzten Jahres das PEGASUS eröffnet habe, bin ich nicht davon
ausgegangen, eine Alternativkneipe aufzumachen. Ich habe den PEGASUS so
gestaltet, wie die Pinte, die ich immer gesucht habe.
Was heißt
eigentlich "alternativ"? Ich verstehe unter diesem Begriff nicht, dass
ich den PEGASUS gemeinnützig betreibe. Genau wie die anderen Kneipen
bin auch ich auf einen bestimmten Umsatz angewiesen. Aber ich habe
immer versucht, mehr als Musik und Bier zu bieten, wie die Kenner des
PEGASUS sicher wissen. Also doch eine Alternative?" |
Quelle:
Pegasus-News
Nr.
1 vom April/Mai 1979,
verantwortlich: Dave Badenhausen - Redaktion: Heike Göbel, Michael
Debus, Rainer Sasse, Hans Lehmann, Gunter Wöllenstein - Graphik/Design:
Dieter Ziellinski, Peter Durstewitz - Layout: Klaus und Hannes.
Dem
aufmerksamen Leser wird dabei
nicht entgangen sein, dass Dave im Text den Begriff "den Pegasus"
verwendet, also die männlichen Form, während es bei
uns damals immer nur
hieß: "Kommt, wir fahren mal ins Pegasus!", also die sächliche Form
benutzt wurde. Das sei hier aber nur am Rande angemerkt. Wichtiger
ist, dass im Text von Dave ein Grundkonzept alternativer
Freizeitgestaltung zum Ausdruck gebracht wird, das in
folgendem
Flyer noch präzisiert wird:
Auch das mit
viel Liebe zum
Detail gestaltete "Getränke-Büchlein
vom Pegasus",
das mir in der 2. Version aus dem Jahr 1982 vorliegt, macht
dieses
Grundkonzept "Mehr-als-Musik-und-Bier" in ganz besonderem
Maße deutlich. Das Büchlein ist eigentlich eine Art
Speisekarte. Doch außer den Preisen für die angebotenen Getränke und
Snacks enthält
es viel Wissenswertes zum Namen "Pegasus" selbst und zu Herkunft,
Eigenart
und Wirkung bestimmter Getränke. Es enthält Angebote von
Pegasus-Postkarten, T-Shirts, Buttons und Stickern. Außerdem findet man
darin zahlreiche Sprichwörter, Zitate und Lebensweisheiten von Dichtern
und aus bekannten Filmen sowie mahnende Worte zu den Gefahren
übermäßigen Alkoholgenusses.
Mein
besonderer Dank richtet sich an Alfred Hucke, der mir ein
Exemplar
des Getränkebüchleins geschenkt hat und der mir
wichtige
Informationen über Dave und das PEGASUS geliefert hat.
Das
PEGASUS, die gemütliche Pinte, gibt
es heute leider nicht
mehr, auch nichts Vergleichbares.
Nach etwas mehr als 8
Jahren Öffnungszeit schloss das PEGASUS am Samstag, dem 21. Juni 1986,
mit einer Sommer-Fete unter dem Motto "The last Chance" für
immer seine Pforte.
Das offizielle Ende
war dann der 30. Juni 1986.
Sehr schade!
Die Marke "Pegasus die gemütliche
Pinte - Bad Wildungen/Odershausen" wurde am 30.06.1986 gelöscht.
... trotzdem,